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Interview mit Jens Schlichting, INTER-NOTE

Unsere heutige Ausgabe der Interviewreihe "Leute des E-Commerce – 7 Fragen, 7 Antworten" bestreitet Jens Schlichting von INTER-NOTE.

Im Grunde revolutioniert INTER-NOTE den Notenhandel: es bietet den Kunden an, sich ihre eigenen Notensammlungen zusammenzustellen – ein klassischer Mass-Customization-Ansatz in einem untypischen Produktspektrum.

Dass jedoch (solch) eine schlagende Produktidee allein nicht zur Neukundengewinnung ausreicht, kann man aus dem Interview herauslesen: Hier macht ein engagierter und merklich von seinem Produkt verzauberter Shopbetreiber eigentlich alles richtig: Kunden können die Produktauswahl mitbestimmen, Service wird nicht nur gross geschrieben, sondern ist sogar der Kern des Geschäftsmodelles. Wöchentliche Gratisangebote locken Neukunden, die Verbindung zum Bestandskunden soll ein Blog halten…

Trotzdem sucht INTER-NOTE im Marketing noch ein wenig seine Linie. Dass diese aber bei so viel Engagement und Überzeugung vom eigenen Produkt erfolgreich gefunden werden wird, dessen bin ich mir sicher!

Linktipp: Besprechung als "Praxisbeispiel" bei ECC Handel

Jens Schlichting und Philipp Marguerre

1.) Was ist Ihr Kernprodukt/-thema und wer Ihre Zielgruppe im E-Commerce?

Wir verkaufen Noten; unser Produkt unterscheidet sich oberflächlich betrachtet nicht von dem, was der Kunde gewöhnlich beim Musikalienhändler kauft. Das Entscheidende aber ist der Inhalt: bei uns wird jedes Notenbuch "on demand" gedruckt; das von uns selbst entwickelte System ermöglicht es dem Kunden, den Inhalt seines Buches individuell aus einzelnen Musikstücken zusammenzustellen.

Im traditionellen Handel ist das anders: auch wenn ich nur ein einzelnes Stück haben will, muss ich trotzdem oft einen teuren Notenband kaufen, der überwiegend Werke enthält, die mich überhaupt nicht interessieren! Das ist auch der Grund dafür, warum so viele Noten kopiert werden.

Ein weiterer Vorteil: wir können Musikstücke sehr kurzfristig bereitstellen, entweder in Form von hochwertigen Scans oder im neu angefertigten Notensatz, selbst wenn diese Musikstücke auf dem Markt gar nicht mehr erhältlich sind! Es gibt eine unüberschaubare Menge von komponierter Musik, und ein beträchtlicher Teil davon ist seit Jehrzehnten vergriffen. Bis jetzt: bei Inter-Note kann man eine direkte Anfrage stellen, und wir reagieren in den meisten Fällen sehr schnell.

Einzige Einschränkung: aus lizenzrechtlichen Gründen können wir vorerst nur Stücke anbieten, die "urheberrechtsfrei" sind; das Urheberrecht besagt, dass ein Urheber 70 Jahre tot sein muss, damit sein Werk frei wird. D.h.: keine Popmusik, kein Jazz etc.

Ausnahme: wenn der Urheber (z.B. ein Komponist) seine Werke über unsere Plattform vermarkten will.

Der Preis wird denkbar einfach ermittelt: pro Seite 18 Cent! Die Bindung ist darin schon enthalten. Und auch die Lieferung ist sehr schnell: manchmal schon am nächsten Tag, spätestens aber nach 2-3 Arbeitstagen ist das Notenheft beim Kunden!

Unsere Zielgruppe: Alle, die Musik machen und Noten brauchen! Ob Profis wie Pianisten, Klavierlehrer, Chorleiter usw. oder Laienmusiker: die Kombination von individuellem Inhalt und günstigem Seitenpreis mit traditioneller Verlagsqualität bietet für alle, die mit Musik zu tun haben, Vorteile. Ein Vorteil für uns: Noten braucht man nicht übersetzen! Wir können unser Produkt also weltweit vermarkten!

2.) Ist Ihr Onlineshop Bestandteil einer Multichannel-Strategie oder der einzige Vertriebskanal?

Es liegt bei diesem System in der Natur der Sache, dass der online-shop der einzige Vertriebskanal ist. Nur durch die vollständige Automatisierung des gesamten Prozesses vom Bestellvorgang über die Erstellung der Druckdaten, Datenübermittlung, Drucken und Versenden ist dieser günstige Preis machbar. Es gibt allerdings auch ein Händlerprogramm: Musikalienhändler können direkt bei uns bestellen, und die Notenbände, die bei ihnen dann auf traditionelle Weise über den Ladentisch gehen, sehen dann ganz anders aus als die direkt bei uns gekauften. Auch Name und Logo des Händlers (sozusagen eine "Hausedition") sind aufgedruckt. Den Endpreis legt der Händler selbst fest. Vorteil für den Händler: er kann den Kunden individuell zugeschnittene Produkte anbieten und hat speziell bei Werken, die als "nicht lieferbar"
gelten, endlich eine Bezugsquelle!

Komponisten, die an unserem System teilnehmen, haben ebenfalls wie die Händler die Möglichkeit, eine eigene Edition bei uns zu beziehen und dann eigenständig weiterzuvertreiben.

3.) Wo sehen Sie momentan die größten Defizite beim E-Commerce und welche Angebote (Lösungen, Dienstleistungen) fehlen Ihnen für Ihr Onlinegeschäft noch?

Wir arbeiten daran, die Vorschaufunktion für die Noten zu optimieren: im Moment kann man nur die erste Seite des jeweiligen Stückes ansehen, und das in einer recht groben Qualität. Ziel ist es, dass man mittels Flash-Animation realistisch in den Noten blättern kann. Außerdem arbeiten wir an einer "Vorhör-Funktion". Es soll möglich sein, einen Ausschnitt des jeweiligen Stückes anzuhören; dazu bahnen wir im Moment eine Kooperation mit einem großen Klassik-Label an.

4.) Es gibt ständig neue Entwicklungen und besonders ‚hippe‘ Themen rund um den E-Commerce. Seien es Blogs, Ajax, Web 2.0 oder wie die aktuellen Buzz-Words gerade heißen. Welche aktuelle Entwicklung finden Sie spannend und planen Sie evtl. auch etwas davon einzusetzen?

Wir haben einen Blog eingerichtet, in dem wir jeweils aktuelle Infos veröffentlichen können. Ansonsten soll aber unsere Seite eher ruhig und übersichtlich bleiben, also nicht zuviel technische Spielerei. Wir verfolgen aufmerksam die Entwicklungen und diskutieren immer wieder die neuen technischen Möglichkeiten.

5.) Was war die letzte Optimierungsmaßnahme, die Sie in Ihrem Shop vorgenommen haben (und war sie erfolgreich)?

Wir sind ständig am optimieren! Das gesamte Projekt ist viel komplexer, als wir jemals dachten! Die denkbaren Möglichkeiten, die sich ergeben, wenn man dem Kunden ein flexibles, individuell gestaltbares Endprodukt anbieten will, das aber gleichzeitig in allen Belangen der Qualität und Logik konventioneller Produkte entsprechen soll, sind enorm vielfältig. Und täglich fällt uns das eine oder andere auf, was eventuell in diesem oder jenem Spezialfall für den Kunden zu umständlich oder unpraktisch oder sogar unsinnig ist. Da müssen dann neue Lösungen gefunden werden, und dabei muss alles immer intuitiv bedienbar bleiben…

Die jetzt bevorstehende Optimierungsmaßnahme ist die englische Version unserer Seite; die Testversion läuft bereits, aber da ist noch eine Menge zu justieren.

6.) Was ist fuer Sie das effizienteste Mittel zur Neukundengewinnung?

Schwer zu sagen; da müssen wir effizienter werden! Wir sind erst einmal davon ausgegangen, dass eine gute Idee, die ein gleich- oder höherwertiges Produkt zu einem günstigeren Preis in einer kürzeren Lieferzeit bietet, sich schnell herumspricht, wenn man mal anfängt, die Information zu streuen. Das hat sich nur teilweise bewahrheitet; die Zugriffszahlen gehen zwar steil nach oben, die Bestellungen aber noch nicht! Anfangs haben wir eine große Mailingaktion gemacht, Zielgruppe Musikschulen und Klavierlehrer. Dann Einträge in Newslettern im Bereich Klavier-Foren etc. Dann persönliche Werbung bei KollegInnen, an Musikschulen, Hochschulen (wir sind im Hauptberuf Musiker/Pianisten/Komponisten). Außerdem Flyer und Aushänge.

7.) Auf welche Methoden setzen Sie bei der Kundenbindung?

Wichtigste Methode: das Produkt muss sehr gut sein! Dabei wenig kosten- und schnell und zuverlässig geliefert werden. Unser Angebot, dass Kunden nach Werken fragen können, die dann von uns schnell besorgt werden oder sogar neu gesetzt, ist auch ein Weg, Kunden zu gewinnen.

Wir haben einen Newsletter, der über neue Werke und technische Dinge etc. informiert.

Man kann Bestellungen speichern, so dass z.B. ein Klavierlehrer Zusammenstellungen für seine Schüler ohne viel Aufwand nachbestellen kann. Es gibt auf unserer Seite jede Woche 3 Werke zum kostenlosen Download.

Und die Zusatzfrage: Welche Webseiten besuchen Sie momentan am liebsten?

Meistens haben die was mit Musik zu tun! Und am allermeisten ist es unsere eigene Website, denn da gibts noch ne Menge zu tun…

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