Experten im Gespräch: Michael Wolf von TUDOCK
Umfragen unter Shopbetreibern bestätigen, dass Besucher bei Aufruf der Startseite des Shops primär die interne Produktsuche zum Einstieg in das Sortiment nutzen. Insbesondere für Vollsortimenter mit einem umfangreichen Produktangebot gilt die Suchfunktion daher als einer der wichtigsten Hebel, um die Konversionsrate zu steigern. Denn potentielle Käufer, die nicht zügig zum gewünschten Produkt finden, wenden sich schnell der Konkurrenz zu.
In einem Interviewgespräch erläutert Michael Wolf, Geschäftsführer von TUDOCK, warum die Optimierung der internen Suchlösung zu den am meisten unterschätzten Aufgaben im eBusiness zählt und wie sich aus einer tiefgehenden Kenntnis der eigenen Produktsuche unter anderem wertvolle Handlungsempfehlungen für die Sortimentssteuerung ableiten lassen.
Die interne Shopsuche hält wertvolle Daten für die Sortimentssteuerung bereit
Die Analyse des Suchverhaltens sowie der im Suchfeld eingegebenen Suchanfragen liefern Informationen über die Vorgehensweisen, Ziele und Bedürfnisse der Shopbesucher, die nicht nur für die Steigerung der Suchergebnisqualität wichtig sind. Auch für die Sortimentssteuerung halten die Daten aus der sogenannten Onsite Search wertvolle Informationen bereit.
Interne Suche gibt konkrete Kundenbedürfnisse preis
Warum lohnt es sich, für eine erfolgreiche Sortimentssteuerung das Suchverhalten im eigenen Online-Shop zu analysieren?
Wichtige Aspekte bei der Sortimentssteuerung sind die bedarfsgerechte Erweiterung und Variation des Sortiments. Es geht also darum, das Sortiment erfolgsorientiert zu diversifizieren und Lücken im Sortiment zu schließen. Die interne Suche erzählt dem Shopbetreiber viel über die Bedürfnisse seiner Kunden und gibt auch deren Enttäuschung und Frustration preis – mehr als jedes andere Feature in einem Online-Shop. Das Suchverhalten und die Suchanfragen lassen so unter anderem auf Sortimentswünsche der Kunden schließen.
Anhand getätigter Bestellungen können Shopbetreiber nur messen, welche Produkte aus ihrem Sortiment bei den Kunden besonders gut ankommen, aber nicht, welche Produkte Kunden vermissen. Die Analyse der Null-Treffer liefert konkrete Hinweise auf fehlende Produkte oder Sortimente.
Null-Treffer decken lohnenswerte Sortimentserweiterungen auf
Was meinen Sie mit Analyse der Null-Treffer?
Hierbei untersuchen wir, welche Suchanfragen kein Ergebnis liefern. Kunden sehen dann Aussagen wie „Ihre Suche ergab leider keine Treffer“, was natürlich nicht zielführend ist. Daher kontrollieren wir zunächst, ob die Suchanfrage ins Leere lief, obwohl ein passendes Sortiment vorhanden ist. Wenn mein Shop keine relevanten Produkte beinhaltet, aber vermehrt Suchanfragen auflaufen, lohnt es sich, über eine Sortimentserweiterung nachzudenken.
Neben den Suchanfragen ohne Ergebnis kann ich auch aus der Verwendung ergänzender Suchstichwörter oder der Wahl bestimmter Filter meine Schlüsse ziehen. Zum Beispiel weist eine häufige Verwendung des Farbfilters „Gold“ bei Schuhen auf eine bevorzugte Produktvariante hin. Es könnte sich also lohnen, mehr goldene Schuhe anzubieten.
Kontinuierliche Auswertung ist Pflicht
Über welchen Zeitraum sollte ich Daten meiner internen Suche auswerten, um Anregungen für die Sortimentssteuerung zu erhalten?
Möchte ich das Potential der Suchdaten voll ausschöpfen, ist in jedem Falle eine kontinuierliche Beobachtung wichtig, also zum Beispiel die wöchentliche Auswertung. Denn Suchanfragen verändern sich. Gründe hierfür können saisonale Trends wie Weihnachten und Muttertag sein oder besondere Ereignisse wie die Fußballweltmeisterschaft 2014. Habe ich Trends identifiziert, kann ich durch eine frühzeitige Ergänzung meines Sortiments reagieren und Lieferengpässe vermeiden, beziehungsweise mein Sortiment anpassen. Außerdem helfen Trendanalysen, den optimalen Zeitpunkt für Marketing-Maßnahmen wie Kampagnen im Shop zu bestimmen. Natürlich bietet auch der Vergleich mit den Daten der Vergangenheit einige Aufschlüsse sowie Informationen für die Sortiments- und Marketingplanung.
Top-Suchbegriffe gezielt analysieren
Welche Methoden nutzen Sie für die Trendanalyse?
Wir empfehlen die Evaluierung der Top-Suchbegriffe sowie der Aufsteiger des Monats. Damit ist die Analyse von Begriffen gemeint, die zwar im Gesamtvolumen der Suchanfragen nicht auffallen, aber im Gegensatz zu den Vorwochen signifikant häufiger gesucht wurden.
Mit virtuellen Themenshops auf saisonale Trends reagieren
Ein grundlegendes Thema für Shopbetreiber ist nicht nur die Sortimentssteuerung, sondern auch die Sortimentspräsentation. Liefert mir die Suchanalyse auch hierfür Erkenntnisse?
Auf jeden Fall. Wird beispielsweise im Juni bereits vermehrt nach Snowboards gesucht, ist es Zeit, die Winterprodukte prominenter im Shop zu integrieren und vielleicht schon über einen ersten Sommer-Sale nachzudenken.
Ein weiteres gutes Beispiel hierfür sind Marken- und Themenshops: Enthalten meine Suchanfragen häufig Markennamen, bietet es sich an, mit der Einrichtung eines Markenshops zu reagieren. Dazu müssen Sie nicht zwangsläufig eine neue Shopkategorie erzeugen. Moderne Suchsoftware gewährt die Möglichkeit, über Filtereinstellungen virtuelle Kategorien auszuspielen, ohne dass sich im Frontend Unterschiede für den Kunden ergeben. Virtuelle Themenshops sind interessant, um zügig auf saisonale Trends sowie semantische Suchanfragen wie „Anzug für Hochzeit“ zu reagieren und nebenbei die Stöberlust Ihrer Kunden zu bedienen – eben durch die Einrichtung eines Fanshops zur WM, eines Themenshops für Hochzeitskleidung oder eines Geschenkeshops vor Weihnachten.
Sortiment um Nischenprodukte oder zusätzliche Preisklassen erweitern
Sie haben das Stichwort „semantische Suche“ genannt…
Ja, denn Untersuchungen wie die E-Commerce Search Studie des Baymard Institutes zeigen, dass Nutzer gerne semantische Anfragen verwenden, die Suche hierfür aber häufig nur unbefriedigende Ergebnisse liefert. Das kann an der Qualität der eingesetzten Suchlösung und ihrer Konfiguration liegen. Um aber auf die Sortimentssteuerung zurückzukommen: Kunden geben gerne Anfragen wie „Schnäppchen“ ein, wenn sie auf der Suche nach günstigen Angeboten sind. Auch Suchbegriffe wie „Geschenk“ oder „Übergröße“ sind oft in den Auswertungen der Suchanfragen zu finden. Onlineshop-Betreiber können darauf reagieren, indem sie darauf abgestimmt künftig Produkte aus anderen Preisklassen oder Nischensortimenten aufnehmen.
Ranking kann das Kaufverhalten aktiv beeinflussen
Inwiefern beeinflusst die Produktsuche das Kaufverhalten meiner Kunden?
„Nur wer findet, kann kaufen.“ bringt es auf den Punkt. Liefert die Produktsuche Ergebnisse, spielt deren Qualität eine entscheidende Rolle: Entsprechen die angezeigten Produkte der Suchintention des Kunden? In punkto Sortimentspräsentation ist wie bei Google wichtig, welche Treffer in der Ergebnisliste oben stehen. Durch die Konfiguration von Rankingregeln, welche die Anzeigereihenfolge der Produkte festlegen, können Shopbetreiber das Kaufverhalten der Kunden aktiv beeinflussen. Meist bestimmt ein Mix aus Abverkäufen, Marge, Neuheitsgrad, Lagerbestand, Retouren-Rate, Lieferzeit und Klick-Rate das Ranking. So tritt bei niedrigen Lagerbeständen oder hohen Lieferzeiten eine Abwertung von Produkten im Suchergebnis in Kraft. Zusätzlich können ausgewählte Produkte weiter gepusht werden. Typische Anwendungsfälle für das Pushen von Produkten sind Sales-Aktionen wie Ausverkäufe und befristete Angebote. Insgesamt hält die interne Suche im E-Commerce viele Einflussmöglichkeiten bereit.
Die vollständige Ausgabe mit allen Artikeln, kann hier kostenlos als PDF-Datei heruntergeladen werden.
Bitte beachten: Der Original-Artikel im Magazin, enthält möglicherweise hilfreiche Grafiken, Abbildungen oder Charts, die hier nicht dargestellt werden.
![]() |
Michael Wolf ist Gr�nder und Gesch�ftsf�hrer der Tudock GmbH. Die Hamburger Internetagentur hat sich auf Webentwicklung (Schwerpunkt E-Commerce) und die Optimierung von Onlineshops spezialisiert. Mit dem Thema Produktsuche besch�ftigt sich Michael Wolf seit mehr als 10 Jahren und bloggt dar�ber auch im Firmenblog von Tudock. Webseite: http://www.tudock.de |