Peter Höschl von shopanbieter.de und Klaus Forsthofer von Marktplatz1 haben drei der vier Siegerinnen des diesjährigen Amazon-Förderprogramms „Unternehmerinnen der Zukunft“ zum Sieg gecoacht. Im Interview erzählen sie, welche Vorgehensweisen sich bewährt haben, warum Händler manchmal psychologische Unterstützung brauchen und welche Superkräfte im E-Commerce zum Erfolg führen.
Peter und Klaus, ihr wart beide schon bei der Erst-Auflage von Amazons Förderprogramm „Unternehmer der Zukunft“ dabei. Was hat Euch bei der zweiten Auflage überrascht?
Peter Höschl: Insgesamt waren die Teilnehmerinnen in diesem Jahr noch ein gutes Stück tougher als bei der ersten Runde. Selten habe ich so viel unternehmerischen Biss in einem Raum versammelt gesehen wie am Abend der Abschlussveranstaltung, als alle Mädels noch einmal zusammenkamen. Außerdem waren die Damen sicher kommunikativer als das Vorjahres-Teilnehmerfeld, alle haben sich intensiv miteinander ausgetauscht. Abgesehen davon habe ich auch in diesem Jahr wieder einiges Neues von meinen Mentees lernen dürfen. Und genau wie im Vorjahr hat es wieder viel Spaß gemacht, dabei zuzusehen, wie aus der eigenen Beratungsleistung Erfolg entsteht.
Klaus Forsthofer: Ja, wir haben tatsächlich schon letztes Jahr gemerkt, dass sich die weiblichen Teilnehmer oft stärker in das Programm eingearbeitet haben. Sie reden nicht so viel und machen lieber mehr. Sie kennen häufig auch ihre Sortimente besser, bei den Frauen sehen wir viel mehr Eigenmarkenanbieter als bei den Männern, die häufiger über Handelsware einsteigen.
Motivierte Frauen mit gutem Nischensortiment sind für den begleitenden Coach natürlich extrem dankbar.
Welche Standard-Lehrsätze musstet ihr Euren Mentees auch in diesem Jahr wieder mitgeben? Gibt es Bereiche, in denen man als Berater seine Schützlinge immer unterstützen muss?
Forsthofer: Die wichtigste Leitplanke ist sicherlich, den Händlern zu zeigen, was sie eigentlich gut können. Die Händler stellen sich schnell selbst in Frage, haben Existenzängste, und da muss man ihnen ihre eigenen Stärken bewusst machen. Direkt mit einem Problem anzufangen bringt nicht so viel. Im Bestfall kann man eine Stärke zu einer Superkraft ausbauen. Und im Umkehrschluss kann man sich dann unter Umständen auch von einzelnen Teilen, die der Händler eben nicht gut kann, trennen.
Höschl: Ja, der psychologische Teil ist tatsächlich nicht zu unterschätzen. Außerdem steht gerade am Anfang viel Marktanalyse und Planung: Wo steht der Händler im Vergleich zum Wettbewerb, welche Produkte haben das größte Potenzial, wo sind offene Flanken im Sortiment etc. Und dann muss ein Plan erstellt werden. Die Händler sind oft etwas erschlagen von den vielen Infos und Möglichkeiten – da muss man sie als Coach ganz klar an die Hand nehmen und die genaue Vorgehensweise vorgeben.
Gehen wir doch etwas mehr in medias res: Woran hapert es bei den meisten Händlern konkret?
Höschl: Tatsächlich muss man vielen erst mal beibringen, konsequent kaufmännisch vorzugehen, und ihre Produkte nicht nur aus Liebhaberei zu verkaufen, sondern weil sie eben damit Geld verdienen möchten und müssen. Daher nötige ich meine Mentees zu Beginn immer, ihre Produkte mit allen anfallenden Kosten durchzukalkulieren. Das sorgt stets für große Augen.
Forsthofer: Produktkalkulation ist tatsächlich ein bestimmendes Thema. Da muss man sich manchmal schon wundern ob der Grundlagen, die da mitunter fehlen. Wenn beispielsweise einfach der Einkaufspreis mal 2 genommen wird, um den Verkaufspreis zu berechnen, ist das keine Basis für eine kaufmännische Kalkulation. Gerade Liebhaber-Verkäufer packen oft gut drei Euro zu jedem Paket dazu, bekommen es aber nicht mit. Hier macht es Sinn sich von Spezialisten wie Peter beraten zu lassen, das gilt aber auch gleichermaßen für Hersteller und Großhändler.
Höschl: Auf jeden Fall. Erst kommt die Marktanalyse, dann der kaufmännische Fokus und dann muss man sich was trauen und vielleicht auch mal das Lieblingsprodukt aus dem Sortiment schmeißen, wenn es nicht läuft.
Forsthofer: Oder es neu denken: Man kann den Preis anheben, beim Einkauf besser verhandeln, Einkaufskanäle anpassen. Vor allem Frauen sind oft etwas verhandlungsscheu und verlieren damit viel Geld. Dafür braucht man gar nicht viel Know-How, man muss einfach mal fragen und sich in die Verhandlung reintrauen. Es macht eben unterm Strich einen Riesenunterschied, ob ich ein Produkt für 3,50 Euro oder 3,10 Euro einkaufe.