Vor zwei Tagen wurde vom Europäischen Gerichtshof entschieden, ob ein Händler für die Benutzung der Ware Wertersatz verlangen kann. Obwohl das Urteil viele Fragen offen lässt, befürchten Experten nun Schlimmes.
Denn dem Urteil nach verstößt die deutsche Regelung zum Wertersatz gegen die europäische Fernabsatzrichtlinie. Auch die kürzlich erst neu aufgelegte und als endlich abmahnsicher gefeierte Muster-Widerrufsbelehrung schwankt schon wieder beträchtlich. Die Folge: Abmahnungen drohen.
Sehr schön zusammengefasst wurde die aktuelle Situation wieder einmal vom shopbetreiber-blog.de. Fazit von Justitar Carsten Föhlisch: "Nur in Ausnahmefällen dürfe künftig noch Wertersatz verlangt werden, nämlich wenn der Verbraucher die Ware gegen Treu und Glauben nutzt. Doch wann dies der Fall ist, bleibt völlig unklar."
Zum besseren Verständnis sollten vor allem auch die Kommentare des Artikels beim shopbetreiber-blog.de gelesen werden. Demnach ist zu unterscheiden:
- Wertersatz für gezogene Nutzungen
Ob künftig für einen benutzten Rasierer Wertersatz verlangt werden kann ist wohl noch unklar. Bei angebissenen Äpfeln ist die Sachlage hingegen klar. - Wertersatz für die Beschädigungen durch nicht bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung
Wer mit der Friteuse Fußball spielt, muss nach wie vor Wertersatz leisten - Wertersatz für eine “Prüfung wir im Ladengeschäft” bzw. – wie der EuGH es sagt – “ausprobieren”
Wie gehabt, kein Wertersatz - Wertersatz für eine Verschlechterung infolge bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme
Genau an diesem Punkt sehen die Experten offensichtlich das größte Konfliktpotential. Was ist beispielsweise wenn mit der Digitalkamera zwei Wochen lang Urlaubsfotos gemacht werden und deshalb infolge kleinerer Kratzer und Verschmutzungen nicht mehr als neuwertig zu verkaufen ist?Hier versteht Föhlisch den EuGH so, dass dies (anders als bislang!) nur noch in “Treu und Glauben” Fällen möglich ist. Aber wann ist das der Fall?
Brisant auch Föhlischs Hinweis, dass der EuGH-Entscheidung wegen viele seit 2002 im Umlauf befindliche Widerrufsbelehrungen ebenso fehlerhaft waren. Und, daher auch die seitdem geschlossenen Kaufverträge heute noch widerrufen werden könnten.
Arthur W. Borens meint
Ich stelle mir angesichts solcher Entscheidungen die Frage, wie lange der europäische Onlinehandel noch konkurrenzfähig sein kann. Wieso gehen die Verbände nicht auf die Barrikaden?
Rob meint
Die Politik versäumt es, eine vernünftige Regelung zu finden, die mal Bestand vor allen Gerichten hat und die Händler gefahrlos verwenden können, und nun will auch noch der EuGH den Internethandel vollends fertig machen? Ticken die eigentlich noch ganz richtig?
Dahinter steckt doch nur wieder die Lobby der Einzelhändler, die sowieso schon die ganze Zeit sauer sind auf die Online-Händler. Die Sache würde bestimmt anders aussehen, wenn das Widerrufs-/Rückgaberecht auch beim Kauf im Laden gelten müßte, also gleiches Recht für alle gelten würde, denn viele Dinge (z.B. der neue LCD-Fernseher) kann man eben nicht im Laden so ausprobieren, wie es zu Hause der Fall wäre, beispielsweise im Zusammenspiel mit dem BluRay-Player.
Andreas Paul meint
Und was ist nun zu tun?
Still warten, bis die nächste Abmahnung kommt?
Oder die Wertersatzklausel einfach in der Widerrufsbelehrung streichen?
Es wird wieder viel lamentiert, aber einen professionellen Hinweis gab es noch nicht. Oder habe ich was übersehen?
Peter meint
Ich befürchte das derzeit noch niemand sagen!
wirtschaftsbuch meint
Abmahngefahr: Muster-Widerrufsbelehrung für E-Commerce schon wieder für die Tonne? http://bit.ly/11oU9b
shopanbieter.de Blog für den Onlinehandel meint
Anfang September vergangenen Jahres,sorgte ja ein Urteil vom Europäischen Gerichtshof für beträchtliche Verwirrung. Danach war auch für Experten unklar, ob und wenn ja in welchen Fällen Onlinehändler künftig noch Wertersatz für die Nutzung berechnen dürfe